„Die stumme Musik des menschlichen Leibes“*

Geschichte und Gegenwart des Orientalischen Tanzes
Vortrag mit Bildern und Beispielen
Der Orientalische Tanz (Bauchtanz), entstanden in Ägypten, ist längst angekommen in Deutschland: Die Volkshochschulen bieten schon seit langem Kurse an (wahrscheinlich seit den späteren 80er Jahren), es gibt zahllose Studios in den großen Städten und Tanz-Vereine in kleineren Städten. Seit einiger Zeit breitet der Tanz sich auch in der Provinz aus: Die Landfrauen haben ihn entdeckt.
Durch die binnenkörperlichen Bewegungen unterscheidet sich der Tanz deutlich von der arabischen Folklore und von den Schreit-, Spring- und Reigentänzen Westeuropas und der Mittelmeerländer samt der Levante bis Ägypten, wo überall die Beinarbeit die Hauptrolle spielt.
Das Kippen des Beckens hat die ersten europäischen Betrachter zutiefst verstört. Es wird in unserem Kulturkreis, vorallem wenn nach vorne und hinten gekippt wird, als unanständig empfunden. Und auch im orientalischen Kulturkreis hat es eine mehr oder weniger ausgeprägt erotische Konnotation. Besonders im Zusammenhang mit Hochzeitsfeierlichkeiten hat das auch einen handgreiflichen Sinn: Früher begleitete die ägyptische Tänzerin das Brautpaar ins Gemach und stimmte es mit ihrem Tanz und mit Liedern ein.
Der Vortrag versucht, die Ursprünge dieses Tanzes zu ergründen und verfolgt seine Spuren durch die Geschichte und die Welt. Dieser Tanz scheint sich einer echten Verschmelzung verschiedener Kulturen zu verdanken.
Nachdem sich europäische und amerikanische Künstler beinahe 100 Jahre lang orientalistischen Phantasien hingegeben hatten, sorgten die ersten Begegnungen mit echten orientalischen Tänzerinnen für Aufregung. Die Weltausstellung von 1893 in Chicago wurde zum Ausgangspunkt für Hoochy Koochy, einen wilden Hüfttanz, der so wirkmächtig war, dass noch 1949, 56 Jahre später, in Hollywood ein Film darüber gedreht wurde.
Diese Tänze, wie auch die erwachende Jazzkultur und Josephine Bakers Tanzgewitter, lösten in den 20er Jahren in Amerika und Europa die Hüften. Die Shimmytänze der 1920er Jahre waren besonders in Deutschland beliebt und wurden ein Teil des Lebensstils von „Flappern“.

* Hugo von Hofmannsthal, Die unvergleichliche Tänzerin. In: Aufforderung zum Tanz, hg. v. Gabriele Brandstetter, 1992 (Reclam), S. 243.